
Ich bin Fasziniert von einer Frau, die zu einer lebenden Legende wurde. Ein Gespräch mit Monika Balsiger über ihre Rolle als Marie Curie.
Mit «Marie Curie» bringt das Theater am Tatort eine aussergewöhnliche Frau auf die Bühne – eine Forscherin, die ihrer Zeit weit voraus war, und eine Persönlichkeit, deren Leidenschaft und Durchhaltewillen bis heute beeindrucken. Schauspielerin Monika Balsiger erzählt im Gespräch, was sie an dieser Rolle berührt, herausfordert und inspiriert.
Was hat dich an der Rolle der Marie Curie besonders fasziniert?
«Einerseits ist es für mich als Frau eine grosse Ehre, eine Frau von diesem Format spielen zu dürfen. Eine Frau mit Mut, Unerschrockenheit, Pioniergeist und einer Kraft, die schier übermenschlich scheint. Eine Frau, selbstlos, die ihre Leidenschaft lebt, allen Widrigkeiten dieser Zeit und nicht einfachen Bedingungen zum Trotz. Erfolgreich und doch so bescheiden. In vielerlei Hinsicht ist Marie Curie für mich ein Vorbild. Andererseits hat mich die Inszenierung und die geplante Umsetzung als solches sehr interessiert, auch wenn ich mir zu Beginn noch gar nicht so richtig vorstellen konnte, wie das funktionieren wird.»
Wie hast du dich auf die Figur vorbereitet?
«Ich habe viel über Marie Curie gelesen, über ihr Leben und ihr Wirken. Neben dem regelmässigen Lernen von Text und Üben des polnischen Akzents habe ich immer mehr versucht, mich den zum Teil auch widersprüchlichen Seiten dieser besonderen Frau anzunähern. Sie war bescheiden, stand eigentlich nicht gern in der Öffentlichkeit und setzte sich gleichzeitig überzeugend, widerspenstig und unbequem für ihre Rechte als Wissenschaftlerin und als Frau ein. Auch ihre ganz zerbrechliche Seite ist eine weitere spannende Facette. Wir haben in den Proben auch viel über Marie und ihre Biografie diskutiert.»
Marie Curie war eine aussergewöhnliche Persönlichkeit; Forscherin, Mutter, Frau ihrer Zeit. Gibt es Seiten an ihr, mit denen du dich persönlich identifizieren kannst?
«Zu Beginn der Proben habe ich mich dies oft gefragt. Ich fand Parallelen insbesondere in ihrem Durchhaltewillen. An einer Sache dranbleiben, manchmal auch etwas verbissen oder über die persönlichen Grenzen hinaus, einfach weil ich mir etwas zum Ziel gemacht habe, das kenne ich sehr gut. Ich hoffe immer noch, dass ich jetzt mit zunehmendem Alter allmählich etwas nachsichtiger mit mir werde. Oder mir fällt es auch nicht so leicht, Hilfe anzunehmen oder auf jemanden angewiesen zu sein.»
Jede grosse Rolle bringt ihre eigenen Herausforderungen mit sich. Was war für dich bei dieser Figur die grösste – emotional, sprachlich oder vielleicht auch körperlich?
«In dieser besonderen Rolle waren die grössten Herausforderungen, den Löwenanteil sitzend und ohne konkrete Handlung zu spielen, viel Text auswendig zu lernen und den polnischen Akzent zu üben. Ganz besonders ist natürlich auch, dass wir zwei Marie’s in Jung und Alt sind und unsere Darstellung nicht völlig unterschiedlich sein sollte.»
Gibt es Szenen im Stück, die dir besonders nahegehen oder dich berühren? Was macht diese Momente für dich so bedeutsam?
«Da ich aus meiner Spielperspektive den Spieler*innen auf der Bühne immer zusehen darf, berührt mich sehr vieles. Mir gefallen zum Beispiel die leisen Momente zwischen Marie und ihrer Schwester oder zwischen Marie und Pierre besonders. Aber auch der tragische Unfalltod von Pierre schnürt mir immer wieder den Hals zu. Mein persönlicher emotionalster Moment in meiner Rolle als Marie ist der Schlussmoment mit Pierre. Diese Verbindung über den Tod hinaus fühlt sich so magisch an.»
Wie würdest du das Stück in wenigen Worten beschreiben?
«Bewegend, berührend, überraschend, bildend, aussergewöhnlich.»
Was soll das Publikum deiner Meinung nach mit nach Hause nehmen?
Gibt es eine Botschaft, ein Gefühl oder einen Gedanken, der dir besonders wichtig ist?«Viele kennen Marie Curie oder haben schon von ihr gehört. Wenn dieser Einblick in ihr persönliches Leben trotzdem überrascht, berührt und beeindruckt, das wäre schön. Die Zuschauer*innen dürfen nachdenklich, und doch positiv gestimmt den Saal verlassen mit Bewunderung für eine aussergewöhnliche Frau und im besten Fall für eine gelungene Umsetzung auf der Bühne.»
Wenn du Marie Curie heute begegnen könntest – welche Frage würdest du ihr stellen? Und was glaubst du, könnte sie antworten?
«Was hat Ihnen immer die Kraft und den Mut gegeben, zu kämpfen, zu arbeiten und nicht aufzugeben? Antwort: Wissenschaft war kein Kampf, sondern mein Leben. Aufgeben war weder ein Gedanke, noch eine Option.»

